Clemens Holzmeister (* 27. März 1886 in Fulpmes, Tirol als Klement Holzmeister; † 12. Juni 1983 in Hallein, Salzburg) war ein österreichischer Architekt, der u. a. in Österreich, Deutschland, der Türkei und Brasilien tätig war.
Biografie
Herkunft und Ausbildung
Clemens Holzmeister kam in Fulpmes als Tiroler mit brasilianischer Staatsbürgerschaft zur Welt. Der einer Hammerschmiedfamilie entstammende Großvater wollte nach Brasilien auswandern, starb jedoch bereits während der Überfahrt an der Cholera. Die Großmutter verschlug es mit ihren sieben Kindern nach Südamerika, das älteste war der Vater von Clemens Holzmeister, Johann Holzmeister, welcher als Erwachsener Kaffee anbaute und eine Familie gründete. Nachdem sieben der Kinder an Malaria gestorben waren, kehrte Holzmeister senior mit seiner restlichen Familie nach Tirol zurück, wo er Vater vier weiterer Kinder wurde. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er am 5. Feber 1884 Maria Kirchstatter. In dieser Ehe folgten vier weitere Kinder, von denen das zweitälteste Clemens Holzmeister war. Dieser besuchte in Innsbruck die Realschule, in welcher er mehr schlecht als recht durchkam. Dort trat er der katholischen Mittelschulverbindung Cimbria Innsbruck bei. Nachdem ihn ein Freund aus München für die Baukunst begeistert hatte, ging er nach Wien an die Technische Hochschule.
Späteres Leben
1913 heiratete er in Innsbruck Judith Bridarolli. Obwohl er damit Luis Trenker ausbootete, blieb er lebenslang mit ihm in enger Freundschaft verbunden. 1914 wurde in Wien sein Sohn Guido geboren. Nach Beendigung seines Studiums in Wien als Doktor der technischen Wissenschaften wurde er 1919 als Lehrer an die Staatsgewerbeschule in Innsbruck berufen. 1920 wurde seine Tochter, die spätere Schauspielerin Judith in Innsbruck geboren. Zwischenzeitlich leitete er auch den Installationsbetrieb seines Schwiegervaters Dominikus Bridarolli, der noch heute von dessen Urenkeln Norbert Engele und Thomas Engele geführt wird, und führte mit Luis Trenker um 1924/1925 ein gemeinsames Architekturbüro in Bozen.
Nach – und nicht zuletzt aufgrund – der Fertigstellung des nach seinen Entwürfen errichteten und 1922 eingeweihten Krematoriums neben dem Wiener Zentralfriedhof (Feuerhalle Simmering), das als sein Durchbruch als Architekt gilt, wurde er 1924 zur Professur an die Wiener Akademie der bildenden Künste berufen, die er bis 1938 innehatte. Durch Vermittlung von Mehmet Hamdi Bey erfolgte 1927 seine Berufung nach Ankara mit dem Auftrag für den Bau des türkischen Kriegsministeriums. Clemens Holzmeister war auch Leiter eines Meisterateliers an der Düsseldorfer Kunstakademie von 1928 bis 1933 mit Atelier im Eiskellerberg. Von 1932 bis 1938 war er Präsident der Zentralvereinigung der Architekten und des Neuen Österreichischen Werkbundes. Einer seiner Schüler in dieser Wiener Zeit war Alfons Fritz.
Während der Zeit des autoritären Ständestaats war Holzmeister von 1934 bis 1938 Mitglied des Staatsrates. 1934/1935 gehörte er als Stadtrat für Kunst der Wiener Bürgerschaft an. Im Kulturreferat der Vaterländischen Front leitete er den Arbeitskreis Bildende Kunst. Während dieser Zeit war er an allen größeren Bauvorhaben in Österreich beteiligt. 1934 erhielt er das Österreichische Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft und war damit eine von drei Persönlichkeiten, die das Ehrenzeichen des Bundesstaates und das der Zweiten Republik Österreich (nunmehr allerdings „Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst“) besaßen.
Im Jahr 1938 wurde Holzmeister aus der Wiener Akademie entlassen und emigrierte nach Istanbul-Tarabya in der Türkei. Hier wirkte er als Lehrer an der Technischen Hochschule. In der Türkei wurde er hochgeehrt und baute eine palastartige Villa als neuen Wohnsitz. Er gehörte zu den 18 Künstlern, die in der im Juni 1939 erstellten geheimen Materialsammlung des Reichssicherheitshauptamts Erfassung führender Männer der Systemzeit aufgeführt sind.
1939 trennte Holzmeister sich von seiner ersten Frau Judith. Er heiratete Gunda Lexer im türkischen Exil, die seine Tochter Barbara in Athen gebar. Im Jahre 1939 verbrachte er sechs Monate in Brasilien, um Aufträge abzuwickeln, bevor er nach Tirol zurückkehrte. Seine weitere Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule in Istanbul dauerte von 1940 bis 1949. 1947 übersiedelte Holzmeister nach Ankara und pendelte fortan zwischen Wien und Ankara, bis er 1954 endgültig nach Wien zurückkehrte.
Den Großen Österreichischen Staatspreis erhielt er im Jahre 1953. Von 1955 bis 1957 war er Rektor an der Akademie der bildenden Künste in Wien. 1957 erhielt er das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst und den Preis der Stadt Wien für Architektur. 1963 wurde er Ehrendoktor der Technischen Hochschule in Istanbul. Zu seinem 85. Geburtstag machte er eine Studienreise in die Türkei.
Clemens Holzmeister war ein bedeutender Schöpfer von Monumental- und Sakralbauwerken. Er entwickelte eine Neuinterpretation lokaler Bautraditionen zwischen Einfachheit und Expressivität. Er baute auch Denkmäler und Bühnenbilder. In der Pfarrkirche von Fulpmes ist zur Osterzeit ein Heiliges Grab zu bestaunen, welches Holzmeister 1954 in den Bühnenwerkstätten der Salzburger Festspiele herstellen ließ.
Er war seit 1902 Mitglied der katholischen Studentenverbindung K.Ö.St.V. Cimbria Innsbruck im MCV (heute MKV) sowie der K.ö.St.V. Almgau Salzburg (MKV), deren „150 Semester-Band“ er 1981 erhielt, und seit 1906 Mitglied der katholischen Studentenverbindung K.a.V. Norica Wien im ÖCV. Später wurde er unter anderem noch Mitglied der AV Austria Innsbruck.
Clemens Holzmeister ist auf dem Petersfriedhof in Salzburg begraben.
Schüler
- Ceno Kosak
- Hubert Prachensky
- Hans Hollein
- Otto Strohmayr
- Wilhelm Holzbauer
- Johannes Ludwig
- Friedrich Kurrent
- Rudolf Angelides
- Josef Lackner
- Gustav Peichl
- Anton Liebe
- Ernst Petersen
- Leyla Asım Turgut
Auszeichnungen
- 1928: Verleihung des Titels Baurat h. c.
- 1948: Ehrenmitgliedschaft der Wiener Secession
- 1952: Ehrendoktorat der Technischen Hochschule Graz
- 1953: Großer Österreichischer Staatspreis für Architektur
- 1956: Ehrenring der Stadt Wien (10. Februar)
- 1956: Josef-Hoffmann-Preis (22. März)
- 1957: Preis der Stadt Wien für Architektur
- 1958: Großes Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland
- 1965: Ehrendoktorat der Technischen Hochschule Wien
- 1966: Wappenmedaille der Stadt Salzburg in Gold (4. April)
- 1971: Bürger der Stadt Wien (14. Mai)
- 1976: Ehrenbürger der Stadt Salzburg (19. August)
- 1977: Rohracher-Preis
- 1981: Großes Goldenes Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich (18. Februar)
- 1990: Verdienstorden der Republik Türkei
Würdigungen
- 1986 würdigte ihn die österreichische Post zum 100. Geburtstag mit einer Sonderbriefmarke.
- 2003 wurde die Clemens-Holzmeister-Straße im Business Park Vienna in Wien-Favoriten nach Holzmeister benannt.
- 2008 wurde in Ankara eine Straße (Clemens Holzmeister Caddesi) nach ihm benannt.
- Auch in Bregenz existiert neben der Mariahilfkirche eine Clemens-Holzmeister-Gasse.
- Der Platz vor der Pfarrkirche St. Stephan in Gmünd wurde nach Clemens Holzmeister benannt.
- In Innsbruck und Fulpmes erinnern Straßen an Holzmeister.
- Im Saarland gibt es den Clemens-Holzmeister-Weg als Wanderweg, der zwei Holzmeister-Kirchen verbindet.
- In Grafenstein (Kärnten) sind die nach seinen Plänen errichtete Clemens Holzmeister Schule sowie die dazugehörige Clemens Holzmeister Straße später nach ihm benannt worden.
Werk (Auszug)
Literatur
- Max Eisler: Holzmeisters Bauten in Vorderasien. In: Moderne Bauformen, Jg. 31 (1932), S. 244–260 (Digitalisat).
- Barbara Humpeler: Clemens Holzmeister und die Türkei. Fotos von Jörg Moser und Julius Scherb, Beiträge von Horst Hambrusch, Friedrich Kurrent, Joachim Moroder, Wilfried Posch und Clemens Holzmeister, Verlag Anton Pustet, Salzburg 2008, ISBN 978-3-7025-0594-3.
- Luigi Monzo: Kirchen bauen im Dritten Reich. Die Inversion der kirchenbaulichen Erneuerungsdynamik am Beispiel der von Fritz Kempf entworfenen Kirche St. Canisius in Augsburg. In: Das Münster – Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft. 68. 2015/1 (April), S. 74–82.
- Wilfried Posch: Clemens Holzmeister. Architekt zwischen Kunst und Politik. Mit einem Werkverzeichnis von Monika Knofler, Müry Salzmann Verlag, Salzburg 2010, ISBN 978-3-99014-020-8.
Weblinks
- Literatur von und über Clemens Holzmeister im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Clemens Holzmeister im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- Eintrag zu Clemens Holzmeister im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Private Homepage mit vielen Bildern
- Werke von Clemens Holzmeister in der Albertina (Wien)
- Clemens Holzmeister im Archiv der Baukunst der Universität Innsbruck
- Clemens Holzmeister im Architektenlexikon des Architekturzentrum Wien
- Wilfried Posch: Holzmeister und Trenker, Architekten in Bozen und das Kraftwerk Kardaun
- Archivaufnahmen mit Clemens Holzmeister im Onlinearchiv der Österreichischen Mediathek (Interviews, Radiobeiträge)
- Burcu Dogramaci, Institut für Kunstgeschichte, Ludwig-Maximilians-Universität München: Neue Publikationen zu Clemens Holzmeister archiv-baukunst.uibk.ac.at
- Goethe-Institut, Das Werden einer Hauptstadt. Spuren deutschsprachiger Architekten in Ankara
- uni-mozarteum