Die Synchron Stage Vienna ist ein Tonstudiokomplex in einem historischen Studiogebäude, das speziell für die Aufnahme von orchestralen Instrumenten sowie von Filmmusik ausgelegt ist. Das Haus befindet sich in der seit 2009 unter Denkmalschutz stehenden Halle 6 auf dem Gelände der ehemaligen Rosenhügel-Filmstudios in Wien und wird von der Vienna Symphonic Library betrieben.

Geschichte

Das Gebäude wurde 1939 bis 1941 von den Nationalsozialisten für bildsynchrone Tonaufnahmen erbaut, woraus sich der Name „Synchronhalle“ ableitete. Joseph Goebbels soll den Bau selbst in Auftrag gegeben haben, um künftig Propagandafilme der Nazis mit den damaligen Filmstars der UFA in Wien drehen zu können. Für schnelle Transportwege waren ein eigener Flughafen sowie eine U-Bahn Station direkt vor dem Eingang der Filmstudios geplant. Dieses Vorhaben wurde beim Bau des Gebäudes berücksichtigt: Um Geräusche und Vibrationen der Außenwelt abzuschirmen, wurde die Halle durch ein spezielles Fundament vom Rest des Gebäudes entkoppelt und mittels aufwendiger Dachkonstruktion gegen Flugverkehr gedämmt. Das Ergebnis war eine Haus-in-Haus Konstruktion, in deren Inneren sich die Aufnahmeräume befinden. Die Außenhülle wurde mit Büro- sowie Schneideräumlichkeiten ausgestattet.

Bis Mitte der 1950er Jahre teilte das Tonstudio als Bestandteil der Rosenhügel-Filmstudios deren Geschichte. In der Synchronhalle wurden bis zu diesem Zeitpunkt bis zu 10 Filmmusiken pro Jahr mit großem Orchester eingespielt. Mitte der 1960er Jahre wurde das Areal schließlich an den Österreichischen Rundfunk verkauft, in jene Tage fällt auch eine Phase der Wiederbelebung. Namhafte Künstler wie Karl Böhm, Herbert von Karajan, Yehudi Menuhin oder Mstislaw Rostropowitsch entdeckten die hochwertige Akustik der Halle und nutzten sie für ihre Schallplattenaufnahmen. Nach wenigen Jahren kam diese Nutzung zum Erliegen und die Synchronhalle wurde bis 1990 hauptsächlich als Probebühne für das Theater an der Wien genutzt. Zeitweise diente die Halle auch als Filmstudio, beispielsweise fanden hier die Aufnahmen zur Sitcom MA 2412 statt. Der ORF bestrebte mehrmals, das ganze Areal zu verkaufen. Der Denkmalschutz der beiden Hallen 1 (Kunstlichtstudio) und 6 (Synchronhalle) machten dies unmöglich. Letztendlich wurden 2014 alle umliegenden Gebäude auf dem Areal abgerissen.

1990 plante ein privater Investor den Einbau eines Supermarkts und Einkaufszentrums in die Synchronhalle. Dies wurde durch das Engagement des ORF-Generalintendanten Teddy Podgorski verhindert. Der ORF kaufte das Areal zunächst zurück und verpachtete es an die Filmstadt Wien GmbH. In Folge entstanden Filme wie Der Bockerer II – Österreich ist frei (1996), Comedian Harmonists (1997) oder Die Klavierspielerin (2001) auf dem Rosenhügel.

Von der ursprünglichen Verwendung zur Filmvertonung zeugt noch die erhaltene, dreimanualige „Lenkwil“-Kinoorgel, die neben vielen Schlagwerkregistern auch über Geräuscheffekte wie z. B. Donnergrollen, Autohupen, Pferdegalopp, Vogelgezwitscher oder Meeresrauschen verfügt. Die Orgel ist die weltweit einzige ihrer Gattung, die auch heute noch in ihrer ursprünglichen Umgebung einer Scoring Stage integriert ist, und der Grund, warum das Gebäude 2009 unter Denkmalschutz gestellt wurde.

2013: Übernahme und Renovierung

Im Jahr 2013 übernahm die Vienna Symphonic Library die historische, denkmalgeschützte „Synchronhalle“. In Zusammenarbeit mit der renommierten Walters-Storyk Design Group sowie den Architekten Schneider Schumacher wurde sie zu einer weltweit einzigartigen Musikproduktionsstätte ausgebaut. Nach der Fertigstellung im September 2015 verfügt das Gebäude über mehrere Aufnahme- und Regieräume, Editing-Studios, Einzelkabinen („Iso Booths“), zwei Instrumentenlager mit mehreren Klavieren und Konzertflügeln und ca. 300 Schlaginstrumenten, ein Notenarchiv, Aufenthaltsräume sowie Büros und Lounges für Komponisten, Produzenten, Mitarbeiter und Gäste auf insgesamt über 2000 m². Das Herzstück der modernen Musikproduktionsstätte ist die große Aufnahmehalle, Stage A: Mit ihren 540 m² bietet sie Platz für ein bis zu 130 Personen umfassendes Orchester.

Die erste Produktion in der Synchron Stage Vienna war die Aufnahme der Filmmusik der berühmten Sissi-Trilogie im Oktober 2015. Die Partitur galt lange Zeit als verschollen und war daher nie als CD oder Download erschienen. Die Produktion stellte einen historischen Brückenschlag dar: Bereits 1955–1957 wurde in der damaligen „Synchronhalle“ die Originalmusik zu den drei legendären Filmen über Österreichs Kaiserin Elisabeth, die Romy Schneider zu ihrer internationalen Karriere verhalfen, aufgenommen. Anhand des Original-Manuskripts des Komponisten Anton Profes stellte Paul Hertel drei Suiten zusammen, die mit dem Synchron Stage Orchestra unter Conrad Pope als Dirigent eingespielt wurde. Für die Aufnahmeleitung zeichnete sich Grammy-Preisträger Dennis Sands verantwortlich.

Im Frühjahr 2016 übersiedelte die Vienna Symphonic Library mit ihren Büros in den neuen Gebäude-Komplex. Am 15. Juli 2016 wurde die Synchron Stage Vienna offiziell eröffnet. Zur Eröffnungsfeier waren über 200 Personen geladen, um die hochmoderne Aufnahmestätte zu besichtigen. Hollywoodgrößen wie Grammy-Gewinnerin Nan Schwartz oder Joe Kraemer standen ebenso auf der Gästeliste wie ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, Justizminister Wolfgang Brandstetter und VfGH-Präsident Gerhart Holzinger. Durch den Abend führte Karl Markovics.

Projekte

Neben Samplings Sessions für die Produkte der Vienna Symphonic Library finden in der Synchron Stage Vienna seit 2016 regelmäßig Musikaufnahmen für nationale und internationale Film- und Fernsehproduktionen statt. Bereits kurz nach der offiziellen Eröffnung ließ Remote Control Productions, die Produktionsfirma von Hans Zimmer, mehrere Projekte hier aufnehmen. Es entstanden Orchester-Aufnahmen für den Kinofilm Inferno (Regie: Ron Howard, Musik: Hans Zimmer) sowie für die von Peter Morgan (Die Queen) entwickelte Netflix-Serie The Crown (Musik: Hans Zimmer und Rupert Gregson-Williams).

Seither hat sich die Synchron Stage Vienna als feste Größe in der internationalen Filmbranche etabliert. Regelmäßig nehmen Produktionsfirmen aus der ganzen Welt, wie etwa Netflix, Sony Pictures Entertainment, Terra Mater Factual Studios, Marvel Studios und mehr, mit dem hauseigenen „Synchron Stage Orchestra“ auf.

Zu den letzten namhaften Projekten zählen unter anderem die Filmmusiken zu The Meg (2018), Ad Astra – Zu den Sternen (2019), Klaus (2019) sowie Promising Young Woman (2020) und Die bunte Seite des Monds (2020). Mit dem 2022 erschienenen Blockbuster Moonfall ließ Roland Emmerich zum zweiten Mal in Folge seine Filmmusik in Wien aufnehmen. Auf dem finalen Soundtrack wurden die Aufnahmen mit dem Synchron Stage Orchestra teilweise mit Samples der Vienna Symphonic Library kombiniert.

Auch die Musik der Marvel-Miniserien WandaVision (u. a. 21-fach nominiert bei der Primetime-Emmy-Verleihung 2021), Hawkeye, Moon Knight, She-Hulk: Die Anwältin und Ms. Marvel wurde in der Synchron Stage aufgenommen.

Unternehmensprofil

Die Synchron Stage Vienna stellt ein besonderes Aufnahmestudio (Scoring Stage) dar, weil das Studio nicht nur der Herstellung von Tonaufnahmen, sondern darüber hinaus auch der Entwicklung von Audio-Software dient. Die große Aufnahmehalle (Stage A) bietet bis zu 130 Personen Platz und wird von weiteren Studio- und Büroräumlichkeiten umgeben: Ein weiterer Aufnahmeraum (Stage B), die beiden Regieräume A und B, mehrere Lounges, Einzelkabinen („Iso Booths“), Instrumentenlager und Notenarchiv. Der technische Anspruch liegt in der Flexibilität dieser Einrichtung, sodass jeder einzelne Raum, inklusive den Büros, ohne Einbußen an Klangqualität mit jedem anderen Raum verbunden werden kann. Modulare Konfigurationen können auf spezielle Anforderungen angepasst werden. Vor allem Filmkomponisten können komplette Werke (Scores) einspielen oder ihre symphonischen Skizzen am Computer von realen Orchestern veredeln lassen. Die zusätzliche Verbindung der Scoring Stage mit den innovativen Software-Entwicklungen der Vienna Symphonic Library gilt überdies als weltweit einzigartig.

Das Untergeschoss bietet Platz für ein Instrumentenlager, wo Klaviere und Percussion-Instrumente aufbewahrt werden. Alle Räumlichkeiten sind durch die Belüftungsanlage mit dem identen Raumklima wie die Aufnahmehalle versorgt, um einen raschen Einsatz für Produktionen zu gewährleisten. Ein Lift verbindet das Instrumentenlager direkt mit Stage A.

Seit 2021 ist die Synchron Stage Vienna ein offizielles Dolby Atmos Studio und kann neben Stereo und Surround auch Aufnahmen in Auro-3D anbieten.

Instrumente

Neben vier Konzertflügeln, einem Steinway D-274, einem fernsteuerbaren Bösendorfer 290 Imperial mit CEUS Reproduktionssystem, einem Yamaha Disklavier CFX EN PRO und einem Fazioli F308 stehen bis zu 200 verschiedene Percussion-Instrumente sowie eine Harfe der Marke Lyon & Healey für Aufnahmen zur Verfügung.

Mit Hilfe des CEUS-Systems von Bösendorfer können dynamische Abläufe mechanischer Bewegungen von Tasten und Mechanik in Umfang von Pianissimo bis Fortissimo detailgetreu erfasst und zu einem späteren Zeitpunkt reproduziert werden. Dieser Funktionsumfang gilt auch für das Disklavier von Yamaha. Dadurch ergeben sich unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten, wie bspw. die Aufnahme und nachträgliche Korrektur von einzelnen Noten oder die Überarbeitung des Timings. Überdies kann auch ein Pianist ein Klavierstück für vier Hände einspielen, indem er sich selbst in einem zweiten Aufnahmetake begleitet. Eine Klavieraufnahme, die an einem anderen Ort dieser Welt entsprechend aufgenommen wurde, kann ebenfalls über die beiden reproduzierenden Konzertflügel in der Stage A wiedergegeben und aufgenommen werden.

Synchron Stage Orchestra

Das hauseigene „Synchron Stage Orchestra“ besteht aus keinem festen Ensemble, sondern bedient sich aus einem großen Pool an Musikern aus Wien und Umgebung. Diese spielen auch in allen renommierten Orchestern Wiens und wurden gemäß den Anforderungen an moderne Medienmusikproduktionen nach sehr strengen Kriterien ausgewählt. Contractor Marton Barka kümmert sich für jedes Projekt um die Zusammenstellung der richtigen Instrumentalisten. Je nach Bedarf können verschiedenste Stile abgedeckt werden, von klassischer Filmmusik über Big Band bis hin zu Pop/Rock und Jazz.

Projektliste

2024

  • 2024: The Day of the Jackal

2023

2022

2021

2020

2019

2018

2017

2016

Weblinks

  • Webauftritt der Synchron Stage Vienna
  • Webauftritt der Vienna Symphonic Library

Einzelnachweise


Synchron Stage Orchestra Zwei Oscarnominierte Filme mit Musik aus

Synchron Stage Vienna Offers Film Composers an Austrian Alternative

Synchron Stage Vienna [AT] ProTenders

Synchron Stage Vienna [AT] ProTenders

ILIO Blog Ad Astra Score Recorded at Synchron Stage Vienna