Die Ausstellung Junge Kunst im Deutschen Reich wurde im Auftrag des Reichsstatthalters und Reichsleiters Baldur von Schirach 1943 im Wiener Künstlerhaus durchgeführt. Schirachs Generalkulturreferent, Walter Thomas in Wien, beauftragte Wilhelm Rüdiger aus München, die Ausstellung zusammenzustellen. Gezeigt wurden 582 Werke von 175 Künstlern.

Geschichte

Wilhelm Rüdiger organisierte bereits im Sommer 1942 in Weimar anlässlich eines deutsch-italienischen Jugendtreffens eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst unter dem Titel „Junges Schaffen“. Schirach war von dieser Ausstellung begeistert und verfügte die Übergabe der Ausstellung nach Wien. In Wien wurde die Ausstellung um einige österreichische Künstler ergänzt.

Obwohl es im Titel hieß, es gehe um „Junge Kunst“, waren viele Künstler bereits recht betagt. Karl Albiker war zum Beispiel bereits 65 Jahre alt. Im Völkischen Beobachter schrieb Heinrich Neumayer dazu: „Wenn hier von junger deutscher Kunst die Rede ist, so ist durchaus schon von geläutertem Wein die Rede, nicht Gärungsprozesse, Sturm oder Most erleben wir in der hier gezeigten Kunst“. „Jung“ sollte im Kontext der „alten“ Kunst im Haus der Deutschen Kunst gedeutet werden. Mit der Ausstellung Junge Kunst im Deutschen Reich unternahm Schirach einen vorsichtigen Versuch, die Bedeutung Wiens als Kulturzentrum wieder zu etablieren.

Gleichzeitig mit der Ausstellung Junge Kunst im Deutschen Reich fand im Ausstellungshaus an der Friedrichsstraße, ebenfalls auf Anregung Schirachs, eine Klimtausstellung statt. Diese Ausstellung zog die Besucher an: sie zählte 24.096 Eintritte, und die Ausstellungsdauer wurde um eine Woche verlängert, während die Ausstellung Junge Kunst im Deutschen Reich lediglich 9.084 Besucher erreichte.

Ebenfalls zur selben Zeit waren in der Albertina Werke von Käthe Kollwitz und Egon Schiele zu sehen. Alle diese Ausstellungen zusammen kamen einem Protest gegen die offizielle Politik der Berliner Reichskulturkammer und des Münchner Hauses der Deutschen Kunst gleich. Außerdem wurden in der Ausstellung Junge Kunst im Deutschen Reich auch Künstler präsentiert, deren Werke zuvor in deutschen Museen beschlagnahmt wurden, darunter Josef Hegenbarth, Josef Henselmann, Hanna Nagel, Carl Moritz Schreiner, Milly Steger und Friedrich Vordemberge.

Adolf Ziegler bezeichnete die Ausstellung in einem Bericht als eine Darstellung von „gemäßigter Form der Verfallskunst“. Joseph Goebbels entsandte Karl Kolb, Direktor des Deutschen Haus der Kunst, und Benno von Arent, Reichsbühnenbildner, zu einer Inspektion nach Wien. Deren Urteil lautete: Eine einzige „liberalistische Schweinerei“. Die Ausstellung, geplant vom 7. Februar bis 28. März, erregte das Missfallen von Joseph Goebbels und Adolf Hitler. Baldur von Schirach wurde, gemäß Schirachs Memoiren, als Verantwortlicher vor Adolf Hitler zitiert: Dieser habe im Katalog der Ausstellung auf eine Abbildung gezeigt und gesagt „Schauen Sie sich dieses Bild an – ein grüner Hund!“ (Werk von Josef Hegenbarth). Die Ausstellung wurde vorzeitig am 7. März 1943 geschlossen, angeblich wegen Überlastung der Reichsbahn, wie die Wiener Presse vermeldete.

Sie war neben der 1933 vom Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund in Berlin organisierten Ausstellung „30 Deutsche Künstler“ eine der wenigen offiziellen NS-Ausstellungen, die wegen des „angeblichen Verdachts der Kunst-Entartung“ geschlossen wurde. Die Ausstellung war eine, nicht als Widerstand gegen das NS-Regime an sich, beabsichtigte Provokation. Schirach wollte einen Ausbruch aus der „Sterilität der offiziellen Ausstellungen“ versuchen, um die 1933/34 in Deutschland heftig geführte Expressionismusdebatte wieder zu eröffnen. Es war auch eine Aktion gegen seine innerparteilichen Feinde, Goebbels und Alfred Rosenberg.

Manchen teilnehmenden Künstlern hat diese Ausstellung geschadet. Nur zwei Jahre später sah man diese Künstler als sogenannte Mitläufer und Günstlinge an.

Raumanordnung

Ausgestellte Werke

Das Zeichen ° bedeutet, dass der Ausstellungskatalog eine Abbildung des Werkes enthält. Das Zeichen * bedeutet, dass das Werk unverkäuflich war.

Literatur

  • Oliver Rathkolb: Schirach. Eine Generation zwischen Goethe und Hitler. Molden Verlag, Wien 2020, ISBN 978-3-222-15058-6, Vom jungen „Kronprinzen“ zum Ablösekandidaten. Der Bruch mit Hitler, S. 209–210. 
  • Gregory Maertz: Modernist art in the service of Nazi culture: Baldur von Schirach and the Junge Kunst im Deutschen Reich exhibition. In: Patterns of Prejudice. Vol. 50, Nos. 4–5. Routledge. Taylor & Francis, 2016, ISSN 0031-322X, S. 337–358, doi:10.1080/0031322X.2016.1237072. 
  • Paul Assall: Das Künstlerhaus Wien zeigt „Junge Kunst im Deutschen Reich“ (SWR2 Zeitwort). SWR, 6. Februar 2016 (Transkript der Sendung (PDF) (Memento vom 23. Oktober 2021 im Internet Archive)). 
  • Susanne Panholzer-Hehenberger: Das Menschenbild in der Skulptur in Österreich zwischen 1938 und 1945. Diplomarbeit. Universität Wien, 2008, S. 25–27. (Digitalisat)
  • Jan Tabor: Junge Kunst im Deutschen Reich, Wien 1943. In: Kunst und Diktatur. Band 2. Grasl, Baden 1994, S. 940–941. 
  • Wilhelm Rüdiger (Hrsg.): Junge Kunst im Deutschen Reich. i. A. des Reichsstatthalters & Reichsleiters Baldur von Schirach. Ausstellung Februar – März 1943 im Künstlerhaus Wien. Ehrlich & Schmidt, Wien 1943. (archive.org)
  • Henri Nannen: Junge Kunst im Deutschen Reich: zu einer vom Reichsstatthalter in Wien, Reichsleiter Baldur von Schirach veranstalteten Ausstellung im Künstlerhaus zu Wien. In: Die Kunst für alle. H. 7, April 1943, S. 137–150. (Digitalisat)

Einzelnachweise

Weblinks

  • Wladimir Aichelburg: Das Künstlerhaus - Ausstellungen: zum Verzeichnis der Ausstellungen 1868 bis 2010, abgerufen am 22. Februar 2014

kunst im deutschen reich, Erstausgabe ZVAB

Die Kunst im Deutschen Reich Ausgabe A 5. Jahrgang. Folge 7. / Juli

Die Kunst im Deutschen Reich. 5. Jahrgang / Folge 8/9. August