Die Oberharzer Teiche sind rund 70 kleinere und größere Stauteiche im Harz, die hauptsächlich um die Bergbaustadt Clausthal-Zellerfeld, deren Ortsteil Buntenbock und Hahnenklee im Oberharz platziert sind. Die Teiche sind durch Oberharzer Bergleute im Wesentlichen zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert künstlich angelegt worden. Sie sind wesentlicher Bestandteil des Kulturdenkmales Oberharzer Wasserregal und gehören damit auch zu den UNESCO-Welterbestätten. Etwa die Hälfte der Stauteiche sind als Talsperrenbauwerk einzuordnen. Sie sind aber mittlerweile zu einem typischen Bestandteil des Oberharzes geworden und beheimaten teilweise extrem seltene Pflanzen- und Tierarten.
Zu den Oberharzer Teichen gehören auch die ältesten noch in Betrieb befindlichen Talsperren Deutschlands.
Zweck
Die Stauseen wurden ursprünglich für die Speicherung von Wasser für den Antrieb von Wasserrädern zur Energieversorgung der Oberharzer Erzbergwerke errichtet. Mit diesen Wasserrädern wurde der Betrieb der Pumpen, der Förderanlagen, der Pochwerke und ab 1820 auch der Fahrkünste sichergestellt. Das Wasser zur Speicherung gewannen die Teiche zunächst aus ihrem natürlichen Einzugsgebiet, welches dann häufig von zusätzlichen Sammelgräben erheblich vergrößert wurde.
Heute werden die Teiche aus Gründen des Denkmalschutzes, der Landschaftspflege, des Naturschutzes sowie zur Erholung betrieben. Einige Teiche dienen dem Hochwasserschutz, einige andere Teiche werden für die Trinkwassergewinnung herangezogen. Betreiber der Teiche sind die Harzwasserwerke, die auch sechs moderne Talsperren im niedersächsischen Teil des Harzes betreiben.
Baustil
Die Absperrbauwerke sind als Erddämme konstruiert. Die Dammaufstandsfläche wurde dabei häufig nicht vom vorhandenen Bewuchs und Oberboden befreit. Das Dammschüttmaterial wurde in der Regel vor Ort gewonnen: Meist legte man im künftigen Stauraum kleine Steinbrüche an, wobei man dadurch gleichzeitig den Stauraum vergrößerte. Verdichtungsarbeit wurde beim Aufschütten der Dämme nicht durchgeführt. Aus diesem Grunde werden an den Dämmen auch heute noch, nach mehr als 300 Jahren, Setzungen von mehreren Millimetern pro Jahr beobachtet.
Als Dichtungsbaustoff konnte kein Lehm oder Ton eingesetzt werden, da es solchen im Oberharz nicht in ausreichenden Mengen gab. Die Oberharzer Bergleute hatten aber durch Erfahrung festgestellt, dass sich Rasensoden hervorragend als Dichtungsbaustoff einsetzen lassen: Mittels wie Mauerwerk aufeinandergesetzte Rasensoden wurde eine teilweise meterdicke Schicht in den Damm eingebaut, die für die Dichtigkeit des Dammes sorgte. Beobachtungen zeigen, dass diese durchaus auch nach Jahrhunderten ihren Dienst tut und dass sie selbst bei stillgelegten Staubauwerken keinerlei deutlichen Verwitterungen unterliegen.
Als Grundablass fungierte ein Holzgerenne, welches aufgrund der längeren Haltbarkeit in der Regel aus Eichenholz gefertigt wurde. Als Verschluss diente ein sogenannter „Striegel“, der ähnlich wie ein Stöpsel die Einlauföffnung des Holzgerennes verschloss und mittels Gestänge gezogen werden konnte. Sowohl Rasensodendichtung als auch hölzerner Grundablass sind noch in vielen Teichen in Betrieb.
Die Staudämme sind zwischen 4 und 15 m hoch und die Stauvolumina der Stauteiche schwanken zwischen 10.000 und 600.000 m³. Eine besondere Ausnahme stellt der Oderteich nordöstlich von Sankt Andreasberg dar, der als einziger Teich nicht mit Rasensoden, sondern mit Granitgrus gedichtet wurde und mit einer Dammhöhe von 21 m und einem Stauvolumen von 1,7 Mio. m³ Wasser die Abmessungen der übrigen Teiche deutlich überragt.
Flora und Fauna
Obwohl die Gewässer künstlich angelegt sind, hat sich in sehr vielen Oberharzer Teichen eine seltene Flora und Fauna entwickelt. Es handelt sich um nährstoffarme und eher kühle Stillgewässer. Der Edelkrebs, der in den meisten europäischen Gewässern aufgrund der Krebspest ausgestorben ist, hat in vielen Oberharzer Teichen dank der isolierten Lage überleben können. Betreiber und Fischereipächter bemühen sich erfolgreich um eine Stärkung der Population.
Der jahrhundertelange Betrieb mit ständig wechselnden Wasserständen hat darüber hinaus extrem seltenen Pflanzengesellschaften einen Lebensraum verschafft: Auf vielen Teichböden finden sich Quirlige Knorpelmiere, Hirschsprung oder Strandling. Sie sind darauf angewiesen, dass weiterhin wechselnde Wasserstände im Stauraum gefahren werden und die Naturschutzbehörden haben mit den Betreibern einen Betriebsplan vereinbart, der in den betroffenen Gewässern den Bestand dieser Pflanzen sicherstellt. An anderen Teichen findet sich Kleinseggenried.
Der Fischbesatz wird hauptsächlich durch die pachtenden Angelvereine geprägt, die die Teiche mit Fisch besetzen. Erwünscht sind nur heimische Fischarten; insbesondere Aal- und Welsbesatz soll wegen der Unverträglichkeit mit dem Edelkrebsbestand unterbleiben.
Tabelle der Oberharzer Teiche
Nachfolgende Liste umfasst weitgehend die von Oberharzer Bergleuten erbauten Stauteiche, soweit diese noch in Betrieb oder deutliche Dammreste noch sichtbar sind. Mühlenteiche werden nicht aufgeführt. Insgesamt sind 143 Dämme und ehemalige Dämme dokumentiert.
(†) bedeutet: Teich außer Betrieb, weitgehend trocken. Dammreste sind vorhanden.
„T“ bedeutet: Talsperre gemäß Niedersächsischem Wassergesetz.
Wo keine Daten hinterlegt sind, sind die Teiche in der Regel schon vor Einstellung des Bergbaues in andere Hände gelangt und deshalb nicht so exakt dokumentiert.
Außerbetriebnahme und Rückbau
Mehr als die Hälfte der 143 Stauteiche sind nicht mehr in Betrieb. Teilweise weiß man von ihnen nur aus den historischen Quellen, teilweise wurden sie von später vergrößerten Teichen überstaut; die meisten von ihnen wurden aber stillgelegt. Die Dammreste finden sich in der Regel noch im Gelände und sind für das geübte Auge erkennbar. Soweit noch Spuren dieser Bauwerke im Geländerelief vorhanden sind, wurden auch diese als Bodendenkmal definiert und sind Bestandteil der Dokumentation des Weltkulturerbes.
Diese Außerbetriebnahmen erfolgten vor allem dann, wenn die versorgten Bergwerke nicht mehr ergiebig waren, aufgegeben werden mussten und keine andere wichtige Anlage von diesem Teich aus versorgt werden konnte. Ein anderer Stilllegungsgrund war das Anstehen von besonders aufwendigen Reparaturen. Sehr oft führte eine Kombination von beiden Gründen zur Außerbetriebnahme eines Staudammes. Diesen Vorgang bezeichnen die Bergleute auch heute noch als „Abwerfen“. Ein weiterer Anlass für die Außerbetriebnahme eines Staudammes konnte ein Bauwerksversagen in Form eines Dammbruches sein, der nicht in jedem Fall zu einem Wiederaufbau des Absperrbauwerkes führte.
Damit von ihnen keine Gefahr mehr ausgeht, müssen stillgelegte Staudämme rückgebaut werden, so dass auch im Ausnahmefall kein Anstau des Gewässers mehr erfolgen kann. In der Regel wurde in diesen Fällen das Dammbauwerk mit einem recht aufwendigen Schlitz versehen, der bis zur Talsohle reichen musste. Wurde dieser Rückbau versäumt oder nur unvollständig durchgeführt, dann konnte das Bauwerk im Einzelfall auch Jahrhunderte später zu kritischen Situationen beitragen; ein Beispiel hierfür ist das Bauwerksversagen am Oberen Schalker Teich im Jahr 2017.
Siehe auch
- Oberharzer Wasserregal
- Liste von Seen in Niedersachsen
- Liste von Seen in Deutschland
- Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft
- Harzteiche
Literatur
- Walter Knissel, Gerhard Fleisch: Kulturdenkmal „Oberharzer Wasserregal“ – eine epochale Leistung. 2. Auflage. Papierflieger, Clausthal-Zellerfeld 2005, ISBN 3-89720-725-7.
- Martin Schmidt: Die Wasserwirtschaft des Oberharzer Bergbaus (= Schriftenreihe der Frontinus-Gesellschaft e. V. Heft 13). 3. Auflage. Harzwasserwerke, Hildesheim 2002, ISBN 3-00-009609-4.
- Justus Teicke: UNESCO-Welterbe Oberharzer Wasserwirtschaft – Das Oberharzer Wasserregal, das bedeutendste vorindustrielle Energiegewinnungs- und Energieversorgungssystem der Welt. Harzwasserwerke, Clausthal-Zellerfeld 2011 (harzwasserwerke.de [PDF; 2,8 MB]).
Weblinks
- UNESCO-Welterbe im Harz
- Teiche um Clausthal-Zellerfeld, Buntenbock und Hahnenklee